Nicht der älteste Beruf: Die Weltgeschichte der Immobilienvermittlung
Hätten Adam und Eva einen Immobilienmakler getroffen, hätten sie nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies eine bessere Unterkunft finden können. Doch in der tiefen Antike gab es diesen Beruf mangels Privateigentum schlichtweg nicht. Die ersten Grundstücksgeschäfte wurden im antiken Griechenland getätigt, damals wurde das Wort „Hypothek“ bekannt, das ein Pfand bezeichnete. Auch im antiken Rom waren Grundstücksgeschäfte ziemlich verbreitet. Die grundlegenden Regeln des Besitzes und der Verfügungsgewalt über Immobilien waren im römischen Recht äußerst klar definiert, jedoch war der Hauptverwalter der Staat, der seinen Bürgern erlaubte, ein paar „Jugera“ Land zu erwerben – genau so viel, wie man in einem Tag mit einem Ochsengespann pflügen konnte. Diese Maßeinheit entspricht etwa der Hälfte eines heutigen Hektars. Doch Tausch- und Kaufverträge über Häuser blieben selten und wurden hauptsächlich von wohlhabenden und angesehenen Römern abgeschlossen, manchmal mit Hilfe vertrauenswürdiger Personen – der Verwalter ihrer Landgüter, der Prokuratoren.
Im Mittelalter besaßen Könige und andere, kleinere Feudalherren das Land, die von ihren Lehnsherren für militärische und seltener zivile Dienste Ländereien erhielten. Die Bauern, die das Land bewirtschafteten, pachteten es von den Herren, ohne eine Wahl zu haben. Auch die Feudalherren hatten wenig Wahl, da sie ihre Besitztümer entweder von ihren Vorfahren erbten oder vom König erhielten. Die großen Städte hingegen führten ein recht intensives Leben, und die Bürger kauften und verkauften oft Immobilien. Nach einigen Quellen wurden allein in Wien im fünfzehnten Jahrhundert durchschnittlich etwa 80 Geschäfte im Jahr getätigt, was nicht wenig für eine Bevölkerung von ca. 20.000 ist. Allerdings ist die Zahl der Immobilienverkäufe pro Einwohnereinheit heute in europäischen Hauptstädten um ein Vielfaches höher.
Die industrielle Revolution, die eine neue gesellschaftliche Klasse – das Bürgertum – hervorbrachte, war der Ausgangspunkt für die Entwicklung des Immobilienmarktes. Damals tauchten in Europa Immobilieninvestoren auf, und einige waren nicht nur im Geschäft, sondern auch im öffentlichen Leben sehr erfolgreich. So war Anton Gilbert Seydel, der an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in Wien lebte. Sein größtes Geschäft war der Verkauf des Herrschaftssitzes Hundsturm an die Stadtverwaltung von Wien. Hat er die Dienste von Maklern in Anspruch genommen? Wahrscheinlich nicht, denn der Beruf des Immobilienmaklers in seiner modernen Form entwickelte sich erst im 20. Jahrhundert in den USA.
Die ersten zwei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts werden in Amerika oft als „Wilder Westen des Immobilienmarktes“ bezeichnet, da es keine allgemein anerkannten Regeln und Lizenzanforderungen gab und es auch kein Konzept exklusiver Vereinbarungen zwischen den Teilnehmern von Immobiliengeschäften gab. Makler, die auf Englisch als „Curbstoners“ bezeichnet wurden, hängten Häuser mit Plakaten mit Verkaufsangeboten zu, und die Provision erhielt derjenige, den der interessierte Käufer zuerst erreichen konnte. Um den Verkaufsprozess zu ordnen, wurden später sogenannte „Tag der offenen Tür“-Veranstaltungen eingeführt, bei denen Interessenten zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Besichtigung des Hauses eingeladen wurden. Erst 1919 wurden in den USA bestimmte Regeln festgelegt, insbesondere das Prinzip des exklusiven Vermittlungsauftrages, der es ermöglichte, Chaos und übermäßigen Wettbewerb zwischen den Maklern zu vermeiden.
Wahrscheinlich der bekannteste Makler des 20. Jahrhunderts ist Donald Trump. Zu Beginn seiner Karriere verwaltete der heutige Politiker etwa 14.000 Mietwohnungen, die er von seinem Vater geerbt hatte. Bekannt wurde er jedoch durch ganz andere Tätigkeiten.
Das Hauptinstrument des modernen Maklers ist das Internet. Die meisten Bemühungen zur Präsentation eines Immobilienobjekts entfallen auf verschiedene Internetplattformen, sowohl professionelle als auch soziale Netzwerke. Es gibt viele Verkäufer und Käufer, und jeder bevorzugt bestimmte Medien. Daher musste der Makler, um Immobilien schnell und gewinnbringend zu verkaufen, Dutzende verschiedener Kommunikationskanäle nutzen. Dennoch können wir auch heute noch ein Plakat mit der Telefonnummer des Maklers an einem zu verkaufenden Objekt sehen, wie es vor hundert Jahren der Fall war, als der Beruf gerade erst entstand.
Alexander Predein, Doktor der Wirtschaftswissenschaften,
Immobilienberater,
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